Beobachtungen beim Sperlingskauz 2023

Nachdem ich bereits im Jahr 2021 Beobachtungen beim Sperlingskauz in einem bebilderten Bericht festgehalten habe (siehe „Beobachtungen beim Sperlingskauz 2021“), fasse ich erneut meine diesjährigen Beobachtungen in diesem Bericht zusammen. Beobachtungszeitraum war vom 03.05. bis zum 30.05.2023 (ein Tag nach Ausflug).

Vorbemerkungen

Dieser Bericht beinhaltet lediglich meine persönlichen Beobachtungen, die frei von wissenschaftlichen Ansätzen sind und die keinen Anspruch auf Verallgemeinerung des Verhaltens dieser Art erheben wollen.

Vorgehensweise

Ende April sowie die erste Maiwoche bin ich in die Reviere gefahren, in denen ich im Herbst sowie im Frühjahr die Anwesenheit des Sperlingskauzes feststellen konnte. Nun stand sehr zeitintensives Warten auf meinem Plan. Meine Absicht war es, die rufenden Altvögel in ihrem potenziellen Brutrevier festzustellen. Es mag andere, bessere Vorgehensweisen geben, die u.U. auch zeitsparender sein könnten. Da ich auf kein Wissen eines hiesigen Fachmannes Zugriff hatte, habe ich mir diese Vorgehensweise angeeignet. Die Anwendung einer Klangattrappe bzw. das pfeifende Nachahmen des Rufes ist keine Alternative. Freunde dieser faszinierenden Kauzart sollten an einem potenziellen Brutplatz zwingend auf die Anwendung dieser „Methoden“ verzichten.
An drei Plätzen habe ich beide Altvögel feststellen können. Das spricht sehr für besetzte Brutreviere. Zwei Brutbäume konnte ich ausfindig machen. Den dritten Brutbaum habe ich nicht mehr gesucht. Zunächst im Wechsel beide Reviere beobachtend, habe ich mich später auf nur noch ein Revier konzentriert. 2021 habe ich nämlich festgestellt, dass der Ausflug der Jungkäuze innerhalb weniger Stunden erfolgen kann, er kann sich jedoch auch einige Tage hinziehen. 2021 saßen die flugfähigen Jungkäuze bereits am nächsten Tag weit oben in den Kronen umstehender Bäume. Die Chance den „Königstag der Beobachtung“, den Ausflug der Jungkäuze, an einem dieser Plätze sehen zu können, wollte ich mir auf diese Weise größtmöglich wahren.
Im Revier selber habe ich mir zwei „Stammplätze“ ausgewählt, an denen ich mich überwiegend aufgehalten habe. Meinen Kopf habe ich mit einem Tarnschal bedeckt. Auf unnötiges Herumlaufen habe ich verzichtet. Ebenso habe ich die unmittelbare Nähe zum Brutbaum weitestgehend gemieden. Viele der Aktivitäten habe ich nur beobachten können, selten direkt sehen können. Der lediglich starengroße Kauz ist einfach im „großen“ Wald schwer auszumachen. Ich hatte ständig das Gefühl, immer am falschen Platz zu sitzen. Die insgesamt wenigen direkten Beobachtungen, die ich im Bild festhalten konnte, sammelten sich jedoch, über den gesamten Beobachtungszeitraum betrachtet, zu einer zufriedenstellenden Anzahl zusammen. Manchmal hatte ich einfach Glück, so beispielsweise als das Weibchen unmittelbar vor mir auf einem Ast landete und sich an einer Maus stärkte. Ebenso konnte ich ein paar aufschlussreiche und interessante Beobachtungen machen, die ich teilweise in Bildern dokumentieren konnte. Insgesamt sehr zeitaufwendig, oftmals scheinbar wenig lohnend, jedoch spannend, kurzweilig und lehrreich.

Brutbäume

Am 03.05.23 begebe ich mich noch vor Sonnenaufgang in ein Revier. Ich bin gar nicht lange vor Ort, höre keine Rufe, sehe jedoch einen Mittelspecht an einem Baumstamm, der umgehend von einem Sperlingskauz attackiert und offensichtlich vertrieben werden soll. Ich schaue mir diesen Baum näher an und stelle zahlreiche Bruthöhlen fest. Etwas entfernt setze ich mich so, dass ich diesen Baum im Blick habe. Mir kommen Zweifel, ob dies der richtige Baum sein kann, denn ein Kleiber fliegt ständig in eines der Brutlöcher ein. Dann höre ich die kurzen Rufe des männlichen Sperlingskauzes. Das Weibchen fliegt zum Männchen und ich kann durch Zweige hindurch eine Beuteübergabe einer Maus sehen. Eine Kopulation sehe ich erst spät, sodass ich nur noch das Weibchen fotografieren kann, als das Männchen gerade wieder abgeflogen ist (Bild links).

Dann kann ich sehen, wie das Weibchen den Höhlenbaum anfliegt. Es ist eine Höhle weit oben, die bisher höchste Bruthöhle, die ich beobachten konnte.

Das Finden des zweiten Brutbaumes hat etwas mehr Zeit in Anspruch genommen:
In der Morgendämmerung des 05.05.23 vernehme ich, nach längerer Wartezeit an einem Baum sitzend, eine kurze Ruffolge des männlichen Sperlingskauzes. Ich gehe in die Richtung, aus der ich glaube, diese Rufe gehört zu haben. Die kurzen Laute kommen aus einigen großen Kiefern.
Mit dem Fernglas kann ich den Kauz entdecken. Ich beobachte den weit oben sitzenden Vogel, in der Hoffnung, dass sein Abflug mir die Richtung seines Reviers anzeigt. Ich warte 2 Stunden und 19 Minuten (laut Exif-Datei meiner Bilder) und muss mich konzentrieren, den kleinen Punkt oben in der Krone ständig im Auge zu behalten. Ich habe schließlich Glück und kann den Kauz nach hinten links abfliegen sehen.

Nun gehe ich dorthin, wo der Kauz eingeflogen ist. Hier setze ich mich erneut an einem Baum. Jetzt muss ich nicht lange warten. Kurze, sehr leise „Einzelpfiffe“, gelegentlich ebenso einige leise Doppellaute. Ich bleibe sitzen und warte was passiert. Es sind zwei Käuze anwesend, die so Kontakt miteinander halten. Ich achte auf Bewegungen in den Bäumen. Ein Sperlingskauz landet direkt über mir im Baum. Der zweite Kauz kommt und übergibt eine Maus. „Beuteübergabe“, also muss der Brutbaum in unmittelbarer Nähe sein. Das Weibchen landet mit übernommener Maus kurz im benachbarten Baum, frisst etwas von der Maus und fliegt von dort direkt in ein Baumloch. Ich sitze ca. 10 Meter vom Brutbaum entfernt. Da gehört neben dem Zeitaufwand und der aufgebrachten Geduld natürlich auch eine anständige Portion Glück dazu. Ich hatte Glück.

Gebrütet wurde jeweils in einer Spechthöhle in einer Eiche. An beiden Plätzen befanden sich Fichten in unmittelbarer Nähe, reichlich Unterbewuchs sowie im Umkreis von ca. 1 km waren kleine Bachläufe vorhanden. Wie bereits 2021 beobachtet, so fanden ebenso in diesem Jahr diese beiden Bruten deutlich zeitversetzt statt. Während an einem Brutplatz das Weibchen bereits mit Beute die Höhle anflog, sah ich am anderen Brutplatz, wie oben erwähnt, noch kopulierende Sperlingskäuze.

Beobachtungen am Brutplatz

Ich persönlich gehe davon aus, dass ich mit meiner Beobachtung am zweiten Brutplatz begonnen habe, als die Brut im vollen Gange war. Sehr wahrscheinlich waren die Jungkäuze bereits geschlüpft, bzw. das Schlüpfen stand unmittelbar bevor.
Bereits zu Beginn meiner Beobachtung sah ich wiederholt den weiblichen Kauz beim Reinigen der Bruthöhle (Bild).

Der Baumstamm unterhalb des Höhleneinganges sieht wie eine kleine Müllhalde aus (Bild oberhalb rechts). Ich habe die zahlreichen Gewöllereste etwas weggeräumt und einen Maderstik an beiden Brutbäumen unterhalb des Brutloches ausgelegt. Den Sinngehalt dieser Maßnahme kann ich nicht begründen, ein Versuch ist es allemal.

Regelmäßig verlässt das Weibchen die Bruthöhle und reinigt sich intensiv. Häufig sitzt der weibliche Kauz außerhalb, jedoch stets in Brutbaumnähe:

Beuteübergabe

Ich habe nie beobachten können, dass das Männchen die Bruthöhle anfliegt. Wie bereits 2021 festgestellt, kommt das beutetragende Männchen, landet an unterschiedlichen Plätzen in Brutbaumnähe und ruft das Weibchen. Das Weibchen fliegt zum Männchen, lässt gelegentlich auch einmal auf sich warten und übernimmt die Beute.

Die Beuteübergabe erfolgt von Schnabel zu Schnabel.

Nach dieser Übergabe verlässt der männliche Kauz umgehend den Platz.

Diese Übergaben erfolgen stets so schnell, dass ich nur die Chance habe, diese in Bildern festzuhalten, wenn ich den männlichen Kauz zuvor landen sehe. Sehe ich das Weibchen zum Platz der Übergabe fliegen, habe ich es nie vermocht diese Übergabe noch im Bild festhalten zu können.

Insgesamt zweimal sah ich das Weibchen, wie sie die Beute vom wartenden Männchen im Vorbeiflug mitnahm. Ist das Weibchen im Anflug, so nimmt das Männchen die Beute auf und wartet bereits mit dieser Beute im Schnabel auf die Übergabe. Der Platz der Übergabe wechselt ständig, sodass eine direkte Beobachtung zusätzlich erschwert ist. Ich hatte oftmals Mühe, die grobe Richtung des Sitzplatzes des rufenden Männchens festzustellen. Das Weibchen hingegen startet gelegentlich direkt aus der Bruthöhle und fliegt zielsicher zum Platz des beutetragenden Männchens.
Diese Begabung des Weibchens hätte ich gerne.

Zwei Beispiele einer abweichenden Übergabe finde ich erwähnenswert:

Das Männchen kommt mit Beute und ruft. Das Weibchen fliegt aus der Höhle am Männchen vorbei und landet links vom wartenden Männchen auf dem Ast einer Fichte. Ich fokussiere meine Aufmerksamkeit auf den männlichen Kauz und ignoriere die Rufe des weiblichen Vogels. Scheinbar bedeuten diese weiblichen Laute, dass nun das Männchen zum Weibchen fliegen „darf“.

Er startet und fliegt auf dem Ast zum Weibchen und übergibt dort die Maus. Das war bisher meine einzige Beobachtung, bei dem der männliche Kauz mit Beute zum wartenden Weibchen geflogen ist
(im Bild rechts, das Weibchen mit bereits übernommener Maus).

Die zweite hochinteressante Beobachtung verfolgte ich aufmerksam und schmunzelnd zugleich. Ich saß in diesem Fall an der richtigen Stelle.

Der männliche Kauz kommt mit Maus, landet auf einem höherliegenden Ast und ruft das Weibchen (zwei Bilder unterhalb).

Der weibliche Kauz will einfach nicht kommen. Geduldig wartet das Männchen von ca. 10:35 Uhr bis ca. 11:17 Uhr (Aufnahmezeiten der Bilder). Schließlich lässt das Männchen die Maus auf dem Ast liegen und fliegt ab.

Nach ca. 20min (11:36 Uhr) landet das Männchen erneut mit einer Maus, jetzt auf einem nahen Fichtenast. Durch leises, kurzes Rufen zeigt das Männchen erneut seine Bereitschaft zur Beuteübergabe an.


Nun scheint das Weibchen zur Beuteübergabe kommen zu wollen. Das Männchen spreizt einen Flügel ab, nimmt die Maus bereits in den Schnabel und ist zur Übergabe vorbereitet.

Das Weibchen kommt aber nicht zum Männchen, sondern fliegt stattdessen zur abgelegten Maus und nimmt diese auf.

Weder das Männchen, noch ich haben mit diesem Verhalten des Weibchens gerechnet. Zu allem Überfluss wedelt der Wind einen belaubten Ast gerade jetzt vor die Öffnung meiner Optik, sodass ich das Männchen mit Maus im Schnabel nur im „Grünstich“ aufnehmen kann.

Offensichtlich ist das ein „Regelverstoß“ der Rollenverteilung zwischen Männchen und Weibchen. Denn jetzt fliegt der männliche Kauz zum Weibchen und versucht nachträglich die Maus zu übergeben. Es scheint noch seine Beute zu sein, die erst nach seiner Übergabe dem Weibchen gehört.

Beharrlich versucht er die Beute zu übergeben. Nach einigen Versuchen scheint er so leidlich zu akzeptieren, dass die Übergabe als vollzogen gilt
(links in den Bildern ist jeweils das Männchen erkennbar).

Sehr interessant für mich, denn obwohl das Männchen mit Beute längere Zeit gewartet und regelmäßig das Weibchen zur Beuteübergabe aufforderte, kam das Weibchen zwar nicht, sie schien jedoch seine Anwesenheit sowie seine Aktivitäten genau beobachtet zu haben. Sie „wusste“ auch, dass der männliche Kauz eine Maus auf diesen Ast abgelegt hat, die sie sich schließlich, ohne die Übergabe abzuwarten, holte.

Der überwiegende Anteil der Beute bestand aus Mäusen, gelegentlich bringt das Männchen jedoch auch Singvögel - oft Jungvögel. 2021 habe ich als Beute nur Mäuse feststellen können. Beispielsweise hat das Männchen am 18.05.23 innerhalb von ca. 90min dreimal eine junge Meise gebracht.
 Offensichtlich hat der Kauz eine gesamte Meisenbrut ausgelöscht (zwei Bilder unterhalb).

Bevor das Männchen zur Beuteübergabe kommt, zeigen oftmals warnende Singvögel seine Anwesenheit an, häufig auch dann, wenn der Kauz noch gar nicht gerufen hat. Es war stets hilfreich für mich, auf die warnenden Singvögel zu achten.

Sozialverhalten

Das Weibchen ist im Revier sehr dominant. Das Männchen scheint nur Beute bringen zu dürfen, ansonsten wurde es in Brutbaumnähe mehrmals vom Weibchen von seinem Platz vertrieben.

Ein Beispiel:
Nach einer Beuteübergabe sitzt das Männchen auf einem Ast, recht nahe am Brutbaum und putzt sich.

Das Weibchen kommt, verjagt das Männchen und setzt sich nun an diesen Platz und putzt sich ebenfalls. Da hat das Weibchen dem männlichen Kauz recht eindeutig gezeigt, wer hier der „Chef“ im Revier ist.

Das ist ein deutlicher Unterschied im Verhalten, beispielsweise zu den Steinkäuzen. Einen Tag später (14.05.23) sehe ich zufällig an einem Brutplatz des Steinkauzes beide Altvögel friedlich nebeneinandersitzen. Ein solches Bild sah ich bei den Sperlingskäuzen nie.

Dafür gönnte sich das Männchen einmal eine längere „Auszeit“. Am 20.05. war ich ab 06:00 Uhr im Revier und bin bis 17:00 Uhr geblieben. Ab 11:00 Uhr konnte ich das Männchen nämlich nicht mehr im Revier bemerken. Bis 17:00 Uhr war vom männlichen Sperlingskauz nichts mehr zu hören. Schlechte Erinnerung an 2021. Dort war ebenso an einem Platz den ganzen Tag der männliche Kauz nicht mehr feststellbar. Am darauffolgenden Tag deutete nichts mehr auf die Anwesenheit der Käuze hin – Brutabbruch. Ungeplant war ich gleich am nächsten Morgen erneut im Revier. Ich konnte als Erstes den weiblichen Kauz am Höhleneingang sehen. Ein gutes Zeichen. Dann rief der männliche Sperlingskauz zur Beuteübergabe. Was für eine herrliche Melodie! Ich habe mich sehr erleichtert über diese männlichen Lockrufe gefreut. Ich kann eine Beuteübergabe beobachten und verlasse an diesem Tag sehr zeitnah den Platz.

Aus privaten Gründen habe ich nach drei Tagen Abwesenheit erst am 26.05.2023 erneut schauen können und dabei verwundert festgestellt, dass die Jungkäuze bereits sehr mobil am Höhleneingang zu sehen sind. 2021 habe ich zunächst die Käuze nur an der Höhle gesehen, als sie dann sehr aktiv geschaut haben, den Kopf weit aus der Höhle gesteckt haben und sich in alle Richtungen umgesehen haben, sind sie am nächsten Tag ausgeflogen. Diese beschriebenen Aktivitäten zeigten sie jetzt ebenso, sodass ich annahm, der Ausflug stehe unmittelbar bevor. Es sollte sich jedoch noch drei Tage hinziehen. Meine persönliche Einschätzung, nach der Beobachtung 2021, wonach ein Ausflug der Käuze unmittelbar dann bevorstehe, wenn die Jungkäuze die beschriebenen Aktivitäten zeigen, würde ich nach der jetzigen Beobachtung so nicht mehr aufrechterhalten wollen.

Ausflug der Jungkäuze

27.05.23 (zwei Tage vor Ausflug)

Ich bin von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr vor Ort. Die Jungkäuze befinden sich noch in der Höhle.

Ich beobachte häufige, aber schnelle Übergaben. Zweimal Maus sowie mindestens zweimal einen Vogel, wobei ein lautes Singvogelheer das beutetragende Männchen begleitete.

Nach einer Übergabe einer Maus fliegt das Weibchen auf mich zu, landet unmittelbar vor meiner Sitzposition auf einem Ast, frisst ordentlich von dieser Maus und fliegt anschließend mit den Beuteresten Richtung Bruthöhle.

28.05.23 (ein Tag vor Ausflug)

Die Jungkäuze sind immer noch sehr aktiv am Höhleneingang. Von 06.00 Uhr bis 10:30 Uhr bringt das Männchen 4 Mäuse. Auch heute kann ich keinen Ausflug feststellen. Eine der Beuteübergaben kann ich so beobachten, wie bereits oben beschrieben. Für mich, die „klassische“ Übergabe:

Das Männchen kommt mit Maus und ruft zur Übergabe.

Das Männchen sieht das Weibchen im Anflug und wartet mit der Maus im Schnabel.

Die Übergabe erfolgt von Schnabel zu Schnabel.

Nach dieser Übergabe fliegt das Männchen sofort ab.

29.05.23 Ausflug

Kurz vor 06:00 Uhr bin ich im Revier. Heute scheint zunächst einer der vielen Tage zu sein, an denen nicht viel zu passieren scheint. Bis 09:00 Uhr habe ich eine Beuteübergabe feststellen können, die ich jedoch nicht richtig einsehen konnte. Dann kann ich den weiblichen Kauz, recht weit oben in einem Baum entdecken. Ich beobachte sie ca. eine Stunde lang. Sie sitzt lediglich da, putzt sich gelegentlich, ansonsten ist nicht viel Nennenswertes zu sehen. Mit dem Fernglas kann ich durch einige Baumlücken hindurch die Jungkäuze am Höhleneingang sehen.

Ich überlege schon ernsthaft den Platz zu verlassen, als 09:02 Uhr das Weibchen sehr aktiv wird. Sie wippt aufgeregt auf und ab und fliegt schließlich in Richtung Bruthöhle.
Aus der Entfernung sehe ich einen flatternden Vogel am Brutbaum. Durch das Fernglas erkenne ich einen Jungkauz, der offensichtlich gerade die Bruthöhle verlassen hat. Diesen ausfliegenden Jungkauz gelang es, sich an einem kleinen Ast festzukrallen

Ich pirsche mich vorsichtig Richtung Brutbaum und kann mich etwas gedeckt hinter einer Bodenwelle hinlegen und so einige Aufnahmen machen.


10:10 Uhr fliegt der zweite Kauz aus dem Loch und landet auf der Erde. Dieser Kauz arbeitet sich zunächst auf einem Baumstamm hoch (zwei Bilder unterhalb) und fliegt schließlich von dort hangabwärts.

Ich schaue dem kleinen Kauz verwundert nach und staune, wie weit er sofort fliegen kann. Sein Flug erinnert mich etwas an das Segeln einer Frisbeescheibe. Seit 2017 beschäftige ich mich mit den Sperlingskäuzen. Es ist jetzt erst meine zweite Beobachtung des Ausfluges der Jungkäuze. Beim ersten Ausflug waren die Käuze deutlich weniger flugaktiv (siehe mein erster Bericht 2021). Damals flogen die Käuze an einem Regentag aus. In diesem Jahr war es trocken und es schien die Sonne. Ich stelle somit einen deutlichen Unterschied in der Mobilität der Jungkäuze fest. Wie unter dem Punkt „Vorbemerkung“ angeführt, schildere ich lediglich meine persönlichen Wahrnehmungen, die ich für nur eingeschränkt tauglich für das Ableiten des allgemeinen Verhaltens der Sperlingskäuze halte.

Kurz nach dem zweiten Kauz, fliegt 10:16 Uhr der dritte Kauz aus dem Loch. Dieser Jungkauz macht es sehr geschickt. Er landet ordentlich auf einem Ast, schaut sich um, wechselt nach 3 Minuten den Ansitzast und fliegt 10:23 Uhr von dort auf den unteren Ast einer Fichte (zwei Bilder unterhalb).

Das Weibchen wacht die gesamte Zeit sehr aufmerksam im Revier.

Zwischen den Ausflügen „Jungkauz 3“ sowie „Jungkauz 4“ kann ich die Beuteübergabe einer Meise beobachten.

13:16 Uhr fliegt der vierte Jungkauz aus der Höhle, auch er schafft zunächst eine sichere Landung auf einem Ast.

Von diesem Ast fliegt er dann als „Frisbeescheibe“ recht weit den Hang abwärts und versucht in einer jungen Buche zu landen. Das klappt nicht ganz, er bekommt nicht richtig Halt und hängt kopfüber an diesem Ast.

Er schafft es schließlich aus eigener Kraft sich auf den Zweig hochzuarbeiten.

Dem Kauz scheint diese „Hängepartie“ Kraft gekostet zu haben, denn er fliegt nur bis zum nächsten Baum und hängt dort nun am Baumstamm. Dieser Kauz ist der einzige Jungkauz, den ich sehen kann, der sich mit Krallen und Flügelunterstützung an einem Baumstamm nach oben kämpft. 2021 konnte ich diese Methode deutlich häufiger beobachten. Offensichtlich hat 2021 das regenasse Gefieder die Fähigkeit zum Fliegen erheblich eingeschränkt.

Ich beobachte noch Kauz Nummer 4, als ich „oben“ am Höhlenbaum den fünften Kauz um 14:07 Uhr ausfliegen sehe. Er segelt auf den Boden und fliegt von dort umgehend weiter. Wo er landet, kann ich nicht einsehen. Somit konnte ich den fünften Kauz bildmäßig nicht belegen. Nun scheint die Bruthöhle leer zu sein. Ich kann keinen Jungkauz mehr am Höhleneingang entdecken.
Ich halte für mich fest: Der Ausflug von fünf Jungkäuzen erfolgte am 29.05.2023 von 09:02 Uhr bis 14:07 Uhr.

 

Während der Ausflüge war das Weibchen im Revier ständig präsent und überwachte die Jungkäuze. Nicht einfach, weil die Käuze gut verteilt waren. In dieser Ausflugsphase brachte das Männchen 2x Beute (1x Maus, 1x Vogel). Nach einer Beuteübergabe saß der männliche Kauz in der Nähe eines Jungkauzes. Das Weibchen, obwohl alle Aufmerksamkeit für die ausgeflogenen Jungkäuze aufbringend, nahm sich dennoch die Zeit, das Männchen von diesem Platz zu vertreiben.

Bereits nach den Ausflügen der ersten Jungkäuze beginnt das Weibchen zu füttern.


30.05.23, der erste Tag nach Ausflug

Ich bin bereits in der Dunkelheit im Revier. Gerne möchte ich erfahren, wo die Jungkäuze die Nacht verbracht haben. Es ist zunächst völlig ruhig im Revier. Erst um 06:44 Uhr taucht das Weibchen am Höhleneingang auf und verlässt kurze Zeit später die Höhle.

Sie hat einen erbeuteten jungen Singvogel in den Krallen, den sie mit aus der Höhle gebracht hat.

Nun fliegt sie auf einem frei stehenden Ast. Ich beobachte die umliegenden Bäume und kann in der Krone einer Kiefer einen Jungkauz entdecken. Insgesamt kann ich vier junge Sperlingskäuze sicher zählen. Es spricht viel dafür, dass die Jungkäuze die Nacht in den umliegenden Bäumen verbracht haben. Nicht ungefährlich.

Um 08:39 Uhr kommt das Männchen mit Maus und ruft zur Beuteübergabe. Ich sehe das Männchen mit dieser Beute landen, er wechselt leider zu einem anderen Platz, sodass ich diese Übergabe nicht einsehen kann.

Nach dieser Übergabe fliegt das Weibchen zu den Jungkäuzen und verfüttert diese Maus.

09:26 Uhr bringt der männliche Kauz eine Meise, auch diese Meise wird vom Weibchen an die Jungkäuze verfüttert.

Während dieser Fütterung kreist oberhalb der Baumkronen ein rufender Bussard. Das Weibchen verlässt den Platz mit Beute und fliegt direkt in die Höhle. Eine Art Warnruf habe ich nicht hören können. Die Jungkäuze verbleiben unbedarft an ihren, teilweise recht offenen Ansitzen hocken. Der Bussard zieht vorbei.

Um 09:50 Uhr ruft das Männchen zur Beuteübergabe. Auch diese Übergabe sehe ich nicht. Das Weibchen erscheint anschließend mit einer frisch erlegten Meise auf einem Ast einer Kiefer.

Mit diesen Fütterungsszenen am ersten Tag nach Ausflug beende ich meine diesjährigen Beobachtungen bei diesen Sperlingskäuzen.

Mir bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass möglichst viele der Jungkäuze überleben und zum Erhalt dieser hochinteressanten Kauzart in unseren Wäldern beitragen mögen.

Text und alle Bilder: Gunther Zieger